21. November 2018. Lärm gilt als einer der wichtigsten Störfaktoren im Büro. Jedoch kennen nur wenige dessen Definition und wissen, welche Konsequenzen sich daraus ableiten. Denn während Gefährdungen und dauerhafte Schädigungen anhand von Dezibel-Werten vermeintlich eindeutig sind, kann Lärm nur subjektiv als unangenehm, störend oder belästigend empfunden werden. Ein Fachbeitrag des DNB-Mitglieds Martin Lauble (Martin Lauble Consulting).
In den Produktionshallen war Lärm früher eine Frage der Lautstärke und es wurde durch Lärmschutz-Maßnahmen entgegengewirkt, die mittels lärmdämpfender und lärmdämmender Materialen den Schalldruck verringerten. In heutigen Büros ist die störendste und gleichzeitig wichtigste Lärmquelle bzw. das, was im Allgemeinen als Lärm bezeichnet wird, das menschliche Gespräch.
Hören ist nach dem Sehen der wichtigste Informationskanal des Menschen. Im Gegensatz zu den Augen lassen sich die Ohren jedoch nicht schließen und somit scheinen wir machtlos gegen akustische Reize. Ein angenehmer akustischer Reiz kann die Psyche positiv erregen, Körper und Geist motivieren, glücklich stimmen. Unangenehmer Schall geht auf und an die Nerven: Lärm belästigt, belastet und gefährdet die Gesundheit und das Wohlbefinden. Er lähmt die Leistungsentfaltung, erzeugt Stress und schadet nachweislich der Gesundheit.
Akustik ist im Gegensatz zu Lärm die Lehre vom Schall
Dennoch sind die Maßnahmen für den Lärmschutz im Büro eher kümmerlich: „Auf dem Gebiet der Büroakustik bleibt noch viel zu tun, um ein gesundheitskonformes akustisches Milieu zu erreichen, ein akustisches Raumklima, in dem man besser arbeiten, mehr leisten und gesund bleiben kann“, wusste schon der renommierte Arbeitsmediziner Professor Theodor Peters. Gleichzeitig erleben wir immer wieder, dass gerade in Mehrpersonen- und Großraumbüros ein Bedarf an akustischer Beratung angefordert wird und hierbei eine Lärmminderungs-Beratung gemeint ist. Dabei wird aber vergessen: Akustik ist im Gegensatz zu Lärm die Lehre vom Schall.
1995, in Zeiten von Nadeldruckern, Schreibmaschinen etc. waren Umgebungsgeräusche in Büros von durchschnittlich 65 dB(A) vorhanden, womit gleichzeitig die Sprache schwerer verständlich war. Mit den leiseren Computern wurden ab dem neuen Jahrtausend auch Laserdrucker eingesetzt, welche zusammen mit Klimaanlagen den Grundgeräuschpegel auf durchschnittlich 55 dB(A) verringerten, was zu einer Erhöhung der Verständlichkeit von Worten führte. Diese technischen Geräte und auch Belüftungs-/Klimaanlagen wurden mittlerweile auf ein Minimum an Geräuschentwicklung reduziert, sodass selbst in Mehrpersonen- und Großraumbüros eine als hoch zu bewertende Satz- und Wortverständlichkeit herrscht.
Betrachtet man nun, dass wir uns durch den Inhalt der Worte mehr von der Konzentrationsarbeit ablenken lassen als durch gleichbleibendes Rauschen, wird schnell deutlich, dass nicht nur die Lautstärke als Lärm zu werten ist.
Unter Beachtung folgender Punkte kann ein Büro akustisch gut gestaltet werden:
Nachhall-Zeiten
Diese sind in der DIN 18041 für unterschiedliche Raumtypen aufgeführt und als Basis einer guten Büroakustik zu verstehen. Viele harte Flächen im Raum werden bei hoher Geräuschentwicklung als extrem unangenehm empfunden, während eine zu geringe Nachhallzeit zu erhöhter Satz-und Wortverständlichkeit führt.
Direktschall
In den meisten Büros gibt es Zeiten mit häufigen Telefonaten (meist morgens und nachmittags) und Zeiten mit wenigen Telefonaten. Sitzen mehrere Beschäftigte zusammen in einer Gruppe, wird sich gerade in den Telefonie-Zeiten die Lautstärke nach „oben schaukeln“ – der so genannte Lombard-Effekt. Gespräche mit Kunden und Kollegen werden für die Beschäftigten anstrengender, gleichzeitig erhöht man nicht nur die Lautstärke, um verständlich zu sein, sondern auch die Tonlage, was auf Dauer im Extremfall als aggressiv aufgefasst werden kann. Eine äußerst unglückliche Situation für jeden Kunden und Unternehmer.
Satz-und Wortverständlichkeit
Agilität erfordert die Zusammenarbeit und Kooperation von Menschen. Kurzbesprechungen sind für den Ideen-Austausch nötig, ebenso private Gespräche. Um Kolleginnen und Kollegen vermeintlich ungestört arbeiten zu lassen, wird darauf geachtet, leise zu sprechen. Durch die mittlerweile stark reduzierten Technik-Geräusche sind die Inhalte der Worte jedoch oft deutlich hörbar und verständlich. Muss man sich konzentrieren, kann dies trotz der geringen Lautstärke störend wirken, denn kein Mensch ist in der Lage, zwei Gedanken gleichzeitig zu denken. Bestimmte Schlagworte reichen aus, um Aufmerksamkeit zu wecken und die Konzentration auf die Gesprächsinhalte anderer zu lenken – weg von der eigentlich auszuführenden Tätigkeit.
Lösungen
Mittlerweile gibt es eine hohe Anzahl an Anbietern absorbierender Materialien und auch die Büromöbel-Industrie hat die Brisanz dieser Problematik erkannt. Die natürlichste Form der Lärm-Minderung wird hierbei jedoch meist übersehen: Schall baut sich über die Entfernung ab und die Entfernung von Sender und Empfänger kann durch planerische Gestaltung positiv beeinflusst werden. In der Praxis gibt es dann keine Dreier- und Viererblock-Stellungen mehr. Damit kann darüber hinaus eine Reduzierung der visuellen Störeinflüsse durch vorbeilaufende Personen erreicht werden. Ebenso wird der Wohlfühlfaktor durch mehr Privatsphäre erhöht. Die neu geschaffene Situation bietet meist auch die Chance, mehr Arbeitsplätze mit besserer Arbeitsplatz-Qualität auf den Flächen unterzubringen.
So greift das ABC der Akustik, je nach Raumgestaltung und abhängig von der Arbeitsaufgabe:
A – für absorb
Das menschliche Gehör nimmt Frequenzen von 20 bis ca. 19.000 Hz auf. Die Sprache umfasst in der Regel 125 bis 6.000 Hz. Diese Schwingungen (Hz) sind in Wellenlängen messbar und die Töne von 2.000 bis 4.000 Hz werden mit 40 dB etwa gleich laut empfunden wie niedrigere Frequenzen mit 60 dB. Mit Absorbern werden die Frequenzen gedämpft, und optimaler Weise sollten die Absorber möglichst nah an der Schallquelle platziert sein. Hierbei ist eine Höhe von mindestens 50 cm über der Tischplatte empfehlenswert. Heutige Monitore haben etwa diese Höhe. Häufig werden Absorber auch für die Verbesserung der Nachhallzeit an harten Flächen wie Mauern oder Betondecke angebracht, um die Reflektion des Schalls zu reduzieren.
B – für block
Ein Blockieren oder Unterbrechen des Schalls ist in Mehrpersonen- oder Großraumbüros mittels Schränken und Zonierungselementen exzellent möglich. Je nach Höhe und Breite des schallunterbrechenden Objekts kann die Einfügungsdämpfung bis zu 6 dB(A) betragen. Hierbei sollte die Ablauforganisation jedoch zwingend berücksichtigt werden.
C – für cover
Das C der Akustik harmonisiert und gleicht den Grundgeräuschpegel aus. Die gesprochenen Worte werden für andere kaum hörbar und damit einerseits vertraulicher, andererseits stören sie die ebenfalls im Raum befindlichen Personen nicht.
Eine individuelle Lösung kann zumeist nur nach einem Beratungsgespräch gefunden werden. Ein unumstößlicher Fakt bleibt in jedem Fall: Die Akustik hat einen hohen Einfluss auf Bearbeitungszeiten und Fehlerhäufigkeit.
Mehr unter www.lauble.net.